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Betriebsstättenrisiko & Homeoffice im Ausland: Was Arbeitgeber beachten müssen

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Verfasst von Redaktion firmenweb.de
Lesedauer: 10 Minuten
Workation und Arbeit im Ausland: PE-Risk einschätzen
© anyaberkut / istockphoto.com
Inhaltsverzeichnis
Die zunehmende Flexibilisierung der Arbeit, vorangetrieben durch digitale Technologien und die Veränderungen in der Arbeitswelt durch die Covid-19-Pandemie, hat den Begriff "Workation" populär gemacht. Workation, eine Kombination aus "Work" und "Vacation", bezeichnet das Konzept, an einem beliebigen Ort zu arbeiten, während man gleichzeitig Urlaub macht. Obwohl dies für Arbeitnehmer sehr attraktiv sein kann, stellt es Arbeitgeber vor eine Reihe von Herausforderungen in Bezug auf Compliance.
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Definition: Was bedeutet Workation?

Workation ist eine Arbeitsform, bei der Mitarbeiter sich für private Zwecke temporär im Ausland aufhalten und gleichzeitig fern ihrer regulären Arbeitsstelle ihrer beruflichen Tätigkeit nachgehen. Dieses Arbeitsmodell verbindet somit die Komponenten Arbeit und Urlaub (daher der Begriff "Workation", eine Kombination aus "Work" und "Vacation"). Um als Workation zu gelten, müssen bestimmte Bedingungen erfüllt sein:

KriteriumBeschreibung
Aufenthalt + Arbeit m AuslandArbeitnehmer sind außerhalb des Landes, in dem sie beschäftigt sind und ihren gewöhnlichen Wohnsitz haben, tätig.
Privater AufenthaltDer Auslandsaufenthalt ist privat motiviert, ohne direkte geschäftliche Intentionen, kann jedoch mit einer Geschäftsreise kombiniert werden.
Keine gewerbliche Wertschöpfung im ZiellandDie ausgeübten Arbeitstätigkeiten kommen ausschließlich dem Arbeitgeber im Heimatland zugute, ohne lokale Wertschöpfung im Zielland.
Kein dauerhafter AufenthaltDer Aufenthalt ist vorübergehend, überschreitet nicht die maximale Dauer von 183 Tagen im jeweiligen 12-Monats-Zeitraum pro Land.

Eine Workation bietet Arbeitnehmern die Möglichkeit, Arbeitspflichten und Urlaubserlebnisse miteinander zu vereinen, erfordert jedoch eine klare Abgrenzung und Regelung, insbesondere in Bezug auf die Arbeitszeit und die Einhaltung rechtlicher und steuerlicher Vorschriften im Zielland.

Rechtliche Grundlagen & Risiken

Workations ermöglichen es Angestellten, Arbeit und Urlaub auf eine Weise zu verbinden, die bisher nicht üblich war. Beispielsweise kann ein Arbeitnehmer von einem Strandhaus aus arbeiten, solange die Internetverbindung und die Arbeitsbedingungen dies zulassen. Aber bei dieser neuen Freiheit kommen auch neue Pflichten, besonders in Sachen Compliance.

1. Arbeitsrechtliche Regelungen & Lokales Arbeitsrecht

Arbeitgeber müssen sicherstellen, dass die Arbeitnehmer auch während der Workation die stunden- und arbeitsschutzrechtlichen Vorschriften des jeweiligen Landes einhalten. Dazu zählen Arbeitszeiten, Pausenzeiten und Maximalarbeitszeiten. Diese Vorschriften können je nach Land variieren und müssen beachtet werden, um rechtliche Konsequenzen zu vermeiden. 

Tipp: Wenn im Arbeitsvertrag klar vereinbart ist, dass das Arbeitsrecht des Heimatlandes Anwendung findet, besteht in der Regel keine Gefahr, dass das lokale Arbeitsrecht des Aufenthaltslandes Anwendung findet. Allerdings können bei speziellen Einzelvereinbarungen Ausnahmen entstehen, beispielsweise hinsichtlich des Mindestlohns und der Arbeitsbedingungen.

2. Datenschutz, Internet und Informationssicherheit

Workation wirft bedeutende Fragen hinsichtlich Datenschutz und Informationssicherheit auf. Arbeitgeber sind dafür verantwortlich, dass Arbeitnehmer auch im Ausland oder an öffentlichen Orten die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) und andere relevante Datenschutzvorschriften einhalten. Zusätzlich müssen die vom Unternehmen verabschiedeten Richtlinien zur Informationssicherheit befolgt werden, um beispielsweise das Risiko eines Datenlecks oder eines Cyber-Angriffs zu minimieren. Es gibt ein Risiko, dass Mitarbeiter, die aus dem Ausland arbeiten, gegen Sicherheitsrichtlinien im Heimat- oder Gastland verstoßen könnten, beispielsweise gegen die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) oder gegen lokale Verbote der VPN-Nutzung. Solche Verstöße könnten auch auf Kundenvereinbarungen zurückzuführen sein, die es Dienstleistern verbieten, ihre Services aus bestimmten Ländern anzubieten.

3. Thema Fürsorgepflicht: Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz

Für Arbeitnehmer, die eine Workation durchführen, sollten Arbeitgeber sicherstellen, dass auch im temporären Büro die gesetzlichen Anforderungen an Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz eingehalten werden. Das kann beispielsweise bedeuten, dass die ergonomischen Standards des heimischen Arbeitsplatzes auch an dem vorübergehenden Arbeitsort zu garantieren sind. 

Es ist außerdem wichtig sicherzustellen, dass die Kommunikation und Erreichbarkeit der Arbeitnehmer während einer Workation nicht leiden. Es sollten klare Richtlinien bezüglich der Erwartungen an Verfügbarkeit und Reaktionszeiten festgelegt werden.

4. Von der UN oder EU sanktionierte Länder

Das Unternehmen sollte eine aktuelle Liste von Ländern bereithalten. Mitarbeiter sollten wenn möglich nicht in ein Land reisen und dort Arbeiten, welches von der UN oder EU sanktioniert wird, da dies erhebliche Probleme aufwirft.

Steuerliche Aspekte & Risiken

Arbeitnehmer, die im Ausland arbeiten, können versehentlich die Notwendigkeit lokaler Anmeldungen oder die Einhaltung lokaler Vorschriften auslösen. Dazu können beispielsweise Visumpflichten, Steuerzahlungen oder Sozialversicherungsbeiträge zählen. Arbeitgeber sollten die lokalen Anforderungen prüfen und ihre Mitarbeiter entsprechend beraten.

Bei der Implementierung solcher Modelle müssen Unternehmen also spezifische steuerliche Aspekte berücksichtigen, insbesondere wenn Mitarbeiter aus dem Ausland arbeiten oder wenn das Unternehmen selbst Leistungen aus dem Ausland bezieht. Hier sind die Hauptaspekte, die deutsche Unternehmen in Bezug auf Steuern in diesem Kontext beachten sollten:

1. Einkommenssteuer

Je nachdem, wo sich ein Mitarbeiter aufhält und arbeitet, können unterschiedliche Steuerpflichten entstehen. Das betrifft vor allem die Einkommensteuer, die in manchen Fällen sowohl im Tätigkeitsland als auch im Wohnsitzland anfallen könnte.

ACHTUNG! Sollte der Arbeitnehmer im Zielland einkommenssteuerpflichtig werden, kann das beim Arbeitgeber eine Lohnsteuerpflicht auslösen.

2. Sozialversicherung

Für Arbeitnehmer, die im Ausland arbeiten, müssen ggf. Beiträge zur Sozialversicherung im Tätigkeitsland entrichtet werden. Das betrifft Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung. Bei der Arbeit aus dem Ausland ergeben sich bezüglich der Sozialabgaben zwei Risiken: Einerseits könnte der Arbeitnehmer den Schutz durch das Sozialversicherungssystem seines Heimatlandes verlieren, und andererseits besteht die Möglichkeit, dass er dem Sozialversicherungssystem des Gastlandes unterliegt. Innerhalb der Europäischen Union und in Ländern, die ein Sozialversicherungsabkommen haben, ist der Umgang mit diesen Risiken allerdings vergleichsweise einfach. Die EU-Verordnung 883/2004 regelt allerdings, dass man im Regelfall nur in einem Land sozialversicherungspflichtig sein soll.

3. Umsatzsteuer

Für Unternehmen kann Remote Work auch die umsatzsteuerliche Behandlung beeinflussen. Abhängig von der Art der erbrachten Dienstleistung und der Lokation des Mitarbeiters können unterschiedliche Umsatzsteuerregelungen gelten.

4. Körperschaftssteuer

Das Arbeiten von Mitarbeitern im Ausland kann unter bestimmten Umständen zur Begründung einer steuerpflichtigen Betriebsstätte im Ausland führen. Das könnte zur Folge haben, dass der Arbeitgeber Körperschaftssteuern im Gastland entrichten muss. Obwohl die zu zahlenden Steuern selbst nicht zwangsläufig hoch sein müssen, ist der mit dieser Steuerpflicht verbundene administrative Aufwand überproportional groß. Ob eine Betriebsstätte vorliegt, hängt von Dauer und Art der Tätigkeit ab.

5. Lohnsteuer

Falls Mitarbeiter, die privat ins Ausland reisen, dort unbeabsichtigt eine ständige Geschäftseinrichtung begründen, kann dies ebenfalls eine Verpflichtung zur Abführung der Lohnsteuer nach sich ziehen. Allerdings wird die Pflicht zur Lohnsteuer im Ausland normalerweise nur in seltenen Fällen relevant, solange mobil arbeitende Angestellte keine feste Geschäftseinrichtung im Ausland begründen.

AspektBeschreibungAnmerkungen
EinkommensteuerAbhängig vom Tätigkeitsland und Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) zwischen den Ländern.Mitarbeiter könnten in beiden Ländern steuerpflichtig sein.
SozialversicherungGeregelt durch lokale Gesetze und EU-Verordnungen, falls zutreffend.Nur in einem Land abgeführt (Wohnsitzland oder Tätigkeitsland).
UmsatzsteuerLokation des Mitarbeiters kann die Umsatzsteuerpflicht beeinflussen.Besonders relevant bei digitalen Dienstleistungen.
BetriebsstättenbegründungLängerfristige Tätigkeit im Ausland kann eine steuerpflichtige Betriebsstätte begründen.Abhängig von Dauer und Art der Aktivität.

Es ist wichtig, dass deutsche Unternehmen, die Workation und Remote Work Modelle implementieren, sich sowohl mit den lokalen als auch internationalen steuerrechtlichen Bestimmungen auseinandersetzen. Insbesondere bei längeren Aufenthalten im Ausland oder bei signifikanten geschäftlichen Tätigkeiten kann es notwendig sein, die steuerrechtlichen Verpflichtungen in beiden betroffenen Ländern zu prüfen und ggf. mit einem Steuerberater oder Fachanwalt für Steuerrecht strategische Entscheidungen zu treffen.

Die Bewertung des Betriebsstättenrisikos (PE-Risk) bei Workations

Die Flexibilität im Arbeitsleben hat zu einem neuen Phänomen geführt: der Workation. Dabei handelt es sich um Arbeitsaufenthalte, die zeitlich befristet sind und die Arbeitnehmer in einem anderen Land verbringen können. Dieser Trend wirft die Frage auf, inwiefern solche Aufenthalte das Risiko einer sogenannten Betriebsstätte (Permanent Establishment, PE) nach sich ziehen.

Kernpunkte der Betriebsstättenrisiko-Bewertung

FaktorDetails
DauerhaftigkeitEin zentraler Punkt ist, dass Betriebsstätten eine gewisse Permanenz voraussetzen. Da Workations von Natur aus temporär sind, gelten sie generell nicht als risikobehaftet für die Einstufung als Betriebsstätte.
183-Tage-RegelSowohl die OECD als auch die Vereinten Nationen sehen eine Anwesenheit unter 183 Tagen nicht als ausreichend für die Begründung einer Betriebsstätte.
Lokale Präsenz des ArbeitgebersEine lokale Präsenz des Arbeitgebers im Zielland kann relevant sein. Es ist jedoch unwahrscheinlich, dass die alleinige Nutzung lokaler Büros oder die Durchführung von Tätigkeiten für lokale Einheiten während einer Workation als Betriebsstätte gewertet wird.
Kumulation von Arbeitstagen und Arbeitnehmern im selben ZiellandDie Addition von Arbeitstagen mehrerer Mitarbeiter im gleichen Zielland kann theoretisch das PE-Risiko erhöhen, besonders wenn diese an demselben Projekt arbeiten.
Abhängiger VertreterEin signifikantes Risiko kann durch Mitarbeiter entstehen, die als abhängige Vertreter agieren, also im Namen des Unternehmens Verträge abschließen.

3 Maßnahmen zur Risikominimierung

Eine sorgfältige Prüfung der Umstände einzelner Workations ist essentiell, um das PE-Risiko zu managen. Zusätzlich zu den oben genannten Kriterien sollten Unternehmen folgende präventive Maßnahmen in Betracht ziehen:

  1. Bestimmung und Bewertung abhängiger Vertreter: Es ist wichtig, jene Mitarbeiter zu identifizieren, die ein PE-Risiko verkörpern könnten, und die Wahrscheinlichkeit risikobehafteter Tätigkeiten während der Workation zu evaluieren.
  2. Entwicklung einer internen Richtlinie: Für die Handhabung von Workations empfiehlt sich die Erstellung einer firmeninternen Richtlinie, einschließlich einer Bewertung der Risikobereitschaft und Festlegung potenzieller Einschränkungen.
  3. Implementierung eines Antragsprozesses: Ein formalisierter Prozess für die Beantragung und Genehmigung von Workations hilft dabei, die Einhaltung steuerlicher und rechtlicher Vorschriften zu gewährleisten und unterstützt eine effiziente Verwaltung.

Obwohl der Trend zu Workations zahlreiche Vorteile für Arbeitnehmer wie Arbeitgeber mit sich bringt, ist eine fundierte Einschätzung des Betriebsstättenrisikos unerlässlich. Durch die Kombination aus sorgfältiger Evaluierung einzelner Fälle und präventiven Maßnahmen können Unternehmen das PE-Risiko effektiv minimieren. Dadurch kann sichergestellt werden, dass sich die flexible Arbeitskultur weiterentwickeln kann, ohne unvorhergesehene steuerliche Konsequenzen nach sich zu ziehen.

Fazit: Betriebsstättenriskiko klar im Blick behalten und Standards einführen

Workation bietet Arbeitnehmern und Arbeitgebern viele Chancen, bringt aber auch eine Vielzahl von Compliance-Herausforderungen mit sich. Arbeitgeber sollten sorgfältig die gesetzlichen, steuerlichen und sicherheitstechnischen Implikationen bedenken, bevor sie Workations genehmigen. Es empfiehlt sich, klare Richtlinien und Verfahrensweisen zu entwickeln, um sicherzustellen, dass sowohl das Unternehmen als auch die Arbeitnehmer während der Workation mit allen relevanten Vorschriften im Einklang bleiben. (ps)

Haftungsausschluss: Der Inhalt des Artikels ist nach bestem Wissen und Kenntnisstand erstellt worden. Die Komplexität und der ständige Wandel von Rechts- und Finanzthemen machen es notwendig, Haftung und Gewähr auszuschließen. Der Artikel ersetzt nicht die individuelle, persönliche Beratung.

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